Wir hatten Glück. Die ohnehin schon verschobene Tour in die Glarner Alpen wäre fast einem kleinen Gewittertief in einer langen Schönwetterphase zum Opfer gefallen.
Für den Sonntag war jedoch wieder gutes und stabiles Wetter vorhergesagt und so konnten wir die Tour zum kleinen Chärpf in den Glarner Alpen durchführen (Bild 1).
Mit mehr als acht Stunden angesetzter Gehzeit als Tagestour war frühzeitiger Aufbruch vonnöten, und so starteten wir pünktlich um fünf Uhr mit Tourenführer Eberhard sowie Claudia und Roman und dem Berichterstatter vom PSV- Heim Richtung Schweiz.
Die ersten frühmorgendlichen Nebelschwaden in Richtung Zürich erzeugten frühherbstliche Stimmung, doch bereits nach dem Züricher See Richtung Walensee zeigte sich der blaue Himmel und die Berge in der frühen Sonne; es sollte ein herrlicher Tourentag werden.
Am Walensee ging die Anfahrt rechts von der Autobahn in Richtung Kantonshauptstadt Glarus und schließlich erreichten wir nach Schwanden in steiler Anfahrt die Seilbahn Kies-Mettmen auf 1029 m.
Kurz nach acht Uhr konnten wir mit der kleinen, fast schon antiquarisch anmutenden Kabinenseilbahn in nur fünf Minuten zum idyllisch gelegenen Mettmen-Stausee auf 1610 m auffahren (Bild 2).
Vor uns lag die ganze Pracht dieses eher unbekannte Hochtales Freiberg-Kärpf, übrigens seit 1578 das älteste und größte Wildschutzgebiet Europas (Bild 3, im Tal: Glarus).
Rechts vom Stausee führte uns der Weg in gut 2,45 Stunden in moderaten Anstieg zur herrlich gelegenen Leglerhütte auf 2273 m (Bild 4). Einige durchziehende Wolkenfelder ersparten uns einen allzu schweißtreibenden Aufstieg und bald bot sich ein grandioser Fernblick talwärts Richtung Glarus und Walensee.
Von der Hütte, welche wir gegen 09.45 Uhr erreichten, bot sich ein schöner Blick nach Nordwesten zum schneebedeckten Tödi (Bild 5).
Zunächst war jedoch Pause auf der sonnigen Terrasse vor der Hütte angesagt. Roman und ich konnten dem guten Apfel-Zwetschgenkuchen und einem Café-Crème trotz des exorbitanten Preises nicht widerstehen.
Gestärkt ging es nach kurz nach 11.00 Uhr auf jetzt blauer Markierung (=schwierig, nur für sehr Geübte) auf einem Alpinpfad und abseits der ausgetretenen Wege steil zum kleinen Chärpf auf 2700 m (Bild 6, Gipfel im Vordergrund).
Unterwegs zeigten sich unterhalb des Pfades in geringer Entfernung einige Steinböcke; es waren aber die einzigen Vertreter des Wildbestandes, die wir sichten konnten.
Dass es nicht so einfach werden sollte, zeigte sich nach Erreichen des Chärpf-Kammes gegen 13.00 Uhr auf ca. 2560 m, als wir den steilsten, teilweise mit Ketten und Eisentritten gesicherten Aufstieg zum Gipfel des kleinen Chärpf erreichten (Bild 7).
Claudia, Roman und Eberhard meisterten den schwierigsten Part gleich zu Beginn der steilsten Stelle bravourös und auch ein zweites ebenfalls mit Ketten gesichertes Steilstück kurz vor dem Gipfel.
Der dominierende gegenüberliegende und noch schwieriger Aufstieg zum Großen Chärpf
(2794 m) wäre nur mit einem weiteren Zeitaufwand von drei Stunden zu bewältigen gewesen, hätte den Zeitrahmen für eine Tagestour gesprengt und blieb deshalb von uns dieses Mal „unbestiegen“.
Ich selbst kam an einer Schlüsselstelle im ersten Steilstück nicht zurecht und brach den Aufstieg ab; ein Bergkamerad aus Sachsen versuchte es mehrfach und scheiterte ebenfalls – meine lange Bergerfahrung sagte mir: lass es heute, falsche Selbsteinschätzung ist gerade am Berg fehl am Platz.
Die anderen kehrten nach einer halben Stunde und Gipfelglück (Bild 8 und 9) zum Einstieg zurück und gemeinsam stiegen wir auf gleicher Route zur Leglerhütte ab, die wir gegen 14.30 Uhr wieder erreichten.
Tatsächlich präsentierte die Hüttenwirtin ihre letzten Stücke des wohl schmeckenden Apfel-Zwetschgenkuchen; es war zu verlockend: Roman und ich hörten uns nicht nein sagen und so wechselten wieder 20 Fränkli und 2 Stück Kuchen mit Kaffee die Besitzer…
Kurz nach 15.00 Uhr stiegen wir wieder ab; zunächst bis zur Alm Chärpfstäfeli auf gleichem Weg, danach auf der anderen Seite talauswärts zurück zum Mettmann-Stausee.
Unmittelbar nach der Alm bot sich uns mit der “Chärpfbrücke” zum Abschluss ein eindrucksvolles Naturphänomen; der dortige Gebirgsbach hatte sich in das dortige Kalk-Gestein gegraben und so war eine 50 m breite und ca. 10 m hohe Naturbrücke entstanden.
Später auf breitem Weg bereits auf Stausee-Höhe erreichten wir um 17.00 Uhr die Seilbahn-Station und konnten, wenn auch in der überfüllten Kabine, ohne Zeitverlust zur Talstation Mettmen abfahren.
Am Fahrzeug waren wir nach mehr als acht Stunden Gehzeit froh, die Bergschuhe loszuwerden; Roman kühlte die Füße im nahen Bergbach, böse Zungen behauptete, es hätte regelrecht beim Eintauchen derselben “gezischt”…
Eberhard brachte uns wieder wohlbehalten nach Freiburg zurück und um 20 Uhr trafen wir beim PSV-Heim ein.
Eine Einkehr war dort aber nicht möglich und so entschlossen wir uns, den Abend im Gasthaus „Weinberg“ in Freiburg-St Georgen ausklingen zu lassen.
Ein großer Dank gilt unserem Tourenführer Eberhard für die wirklich eindrucksvolle Bergtour in einem interessanten Gebiet der Schweiz abseits der touristischen Hauptziele.
Georg Hauger – 21.08.2022